Jonathan Riddell verlässt KDE-Projekt

Nach 25 Jahren verliert der Linux-Desktop KDE mit Jonathan Riddell einen seiner prominentesten Entwickler. In seinem Blog gab Riddell seinen Rückzug bekannt – mit einem sehr gemischten Rückblick. Auf der einen Seite stehen seine positiven Erfahrungen mit freier Software, Stolz über eigene Erfolge und die Entwicklung des KDE-Projekts. Negativ erscheint hingegen das Ende, an dem Riddell nach eigener Aussage langjährige Freunde, Kollegen und seinen Job verlor.

Der Grund war laut Riddell, daß die Blue Systems GmbH aufgelöst wurde. Der Gründer und Finanzier, Clemens Tönnies jr., Informatiker und Erbe des Fleischkonzerns Tönnies, sei gestorben. Dies entspricht allerdings nicht den Tatsachen. Wie wir aus dem Umfeld von Blue Systems erfuhren, ist weder Tönnies gestorben noch das Unternehmen aufgelöst worden. Dennoch gab es bei Blue Systems eine grundlegende Veränderung: das Unternehmen gab einen Entwicklervertrag mit Valve ab.

Den übernahm im März 2025 Techpaladin, das Nate Graham und David Edmundson als LLC (Limited Liabilities Coroporation) neu gründeten. Wie Riddell arbeiteten beide zuvor für Blue Systems, rund ein Dutzend weiterer Entwickler sollen ebenfalls gewechselt haben. Graham schrieb hierüber in seinem Blog, ging aber nicht auf die Hintergründe ein.

Riddell erklärt, er habe die Gründung einer Kooperative nach dem Vorbild von Igalia als Nachfolger von Blue Systems vorgeschlagen. Das spanische Softwareunternehmen gehört seinen Angestellten, die alle den gleichen Lohn erhalten und umfangreiche Arbeitnehmerrechte genießen – ein "sozialistisches Paradies", wie Riddell schreibt.

Bei Blue Systems seien die Entwickler als Selbstständige beschäftigt gewesen – was sich bei Techpaladin nicht ändern werde. Riddell unterstellt Graham und Edmundson, sich selbst bereichern und die Kontrolle über die Entwicklung übernehmen zu wollen. Er selbst sei aufgrund seiner Vorstellungen zum Aufbau des Blue-Systems-Nachfolgers ausgebootet worden und werde seitdem von ehemaligen Freunden und Kollegen gemieden.

Graham erzählt eine andere Geschichte: in einer Antwort auf einen Kommentar, der ebenfalls eine Kooperative vorschlug, schrieb er, dies sei in den USA rechtlich nicht umsetzbar gewesen. Dennoch hoffe er, daß sich Techpaladin langfristig in eine solche Richtung entwickele. Es scheinen aber auch finanzielle Interessen durch, da Graham explizit unterschiedliche Investitionen in das Stammkapital thematisiert. Ihm gehe es aber zuerst um das KDE-Projekt.

Die Wahrheit dürfte irgendwo in der Mitte liegen – zumal Jonathan Riddell in der Vergangenheit bereits nach Kritik an seinem Verhalten die Leitung von Kubuntu aufgab, das er initiiert hatte.