Wie kommt ein Debian-Release zustande?
In zwei Wochen wird, sofern nichts mehr dazwischenkommt, Debian 13 "Trixie" veröffentlicht. Die Fertigstellung eines Debian-Release dauert in der Regel um die zwei Jahre. Bei Trixie sind es ziemlich genau 26 Monate, denn Debian 12 erschien am 10. Juni 2023. Die Entwickler lassen sich bei der Entwicklung nicht drängeln, denn das Motto der größten Distribution ohne ein Unternehmen im Hintergrund lautet seit jeher: "Es wird veröffentlicht, wenn es fertig ist". Ein Debian-Release ist eine wahre Herkulesaufgabe.
Trixie umfasst laut den Release Notes insgesamt fast 60 000 Softwarepakete. Diese Zahl umfasst jedoch sowohl Binär- als auch Quellpakete. Historisch gesehen ist die Anzahl der Quellpakete viel kleiner als die Gesamtzahl der Pakete. Für frühere Debian-Veröffentlichungen wie Debian 12 gab es typischerweise etwa 30 000–33 000 Quellpakete, und kein offizieller Hinweis deutet auf eine dramatische Änderung für Debian 13 hin.
Die neue Version wächst im Testing-Repository heran, während die aktuell stabile Version im Stable-Repository residiert. Nach rund 18 Monaten Entwicklungszeit geht es mit dem schrittweisen Einfrieren von Testing in die Endphase der Entwicklung zur neuen Version. Bei Trixie setzte der Freeze nicht wie zuletzt üblich im Januar, sondern erst am 15. März 2025 ein.
Das Einfrieren der Codebasis, der sogenannte Freeze, ist ein Teil in Debians Entwicklungsablauf und verlangsamt sukzessive die Aktivität im Testing-Repository, in dem bereits seit der Veröffentlichung der Vorversion das neue Release heranwächst. Ohne diese Verlangsamung wäre eine Veröffentlichung sehr schwierig, da der Testing-Zweig nicht zur Ruhe käme.
Wenn während der dritten Phase des Freeze, dem Hard Freeze, der Release-Zeitpunkt absehbar ist, wird dieser als voraussichtliches Erscheinungsdatum veröffentlicht. Das gibt Entwicklern einen Zeitrahmen für letzte Anpassungen und Frühumsteigern auf die neue Version genügend Zeit für Vorbereitungen. Dazu wird mit dem Full Freeze die letzte Phase des Einfrierens eingeleitet.
Selbst releasekritische Fehler werden in dieser Phase nur noch in Ausnahmefällen auf Antrag korrigiert. Die meisten Anträge werden auf das erste Punkt-Release einige Wochen später verschoben. Dringende Änderungen an der Dokumentation werden jedoch noch angenommen, da diese keine Regressionen verursachen. Der Debian-Installer erhält ein letztes Update vor dem Release.
Am Tag vor dem Release werden die automatischen Skripte, die die Archive aktualisieren oder andere Wartungsaufgaben wahrnehmen, abgeschaltet. Ab diesem Punkt wird das Release von Hand gesteuert. An den Schalthebeln sitzen bis zur Veröffentlichung nun Mitglieder des Release-Teams und die FTP-Master. Eine Vielzahl an Testern bereitet ihre Rechner auf erste Testbuilds vor.
Am Morgen des Releases wird der dinstall
gegen acht Uhr morgens abgewartet. Dabei handelt es sich um einen Daemon, der das Verzeichnis incoming
überwacht und alle acht Stunden die neu dorthin hochgeladenen Pakete in die entsprechenden Repositories leitet. Dann beginnt der eigentliche Release-Prozeß, der üblicherweise 12–18 Stunden andauert.
Die Release-Manager geben das Signal, nachdem keinerlei Änderungen mehr vorgenommen werden. Die FTP-Master beginnen mit der Umbenennung der Repositories. So wird am Release-Tag "Bookworm" von stable
zu oldstable
und "Trixie" von testing
zu stable
umetikettiert. Ein neues Testing-Repository wird für Debian 14 "Forky" erstellt und initial befüllt. Dort beginnt nach einer Erholungspause in den nächsten Wochen die Entwicklung für das nächste Debian-Release.
Im nächsten Schritt lösen die FTP-Master einen Push aller Änderungen an die Server aus, die die Images bauen. Dies und das anschließende Testen der Images unter verschiedenen Bedingungen nimmt die meiste Zeit in Anspruch. Das erklärt sich unter anderem dadurch, daß Debian für das jetzt erscheinende Trixie sieben Architekturen unterstützt. Je exotischer die Architektur, desto weniger Hardware steht zum Testen zur Verfügung. Für Trixie wird beispielsweise RISC-V als neu unterstützte Architektur hinzukommen.
Zudem sind die Tester bemüht, möglichst viele der denkbaren Optionen zur Installation auszuprobieren. Vom Ausliefern der ersten Images an die Tester bis zur endgültigen Freigabe der Veröffentlichung und deren offizieller Ankündigung können gut und gerne 12 Stunden vergehen.
Derweil werden im Hintergrund diverse Anpassungen der Infrastruktur vorgenommen. So wird etwa die Debian-Webseite auf den Neuankömmling vorbereitet und mittlerweile eingetroffene Übersetzungen der Release Notes werden eingebunden. Nach dem Ende der Testphase schieben die FTP-Master in einem letzten Schritt die Früchte der Arbeit eines langen Tages auf die offiziellen Debian-Server und deren weltweit verteilte Spiegelserver. Zu diesem Zeitpunkt ist es meist mitten in der Nacht und in unserer Zeitzone erfahren wir am folgenden Morgen von dem Neuankömmling.