Dobrindt verbietet "Königreich Deutschland"

Wenige Tage nach seinem Amtsantritt hat Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) die aktuell größte Gruppierung sogenannter Reichsbürger und Selbstverwalter verboten. Der Verein nennt sich "Königreich Deutschland" und soll bundesweit etwa 6000 Anhänger haben.

Nach Angaben des Innenministeriums durchsuchten Einsatzkräfte der Polizei ab den frühen Morgenstunden von dem Verein genutzte Gebäude sowie Wohnungen führender Mitglieder in Baden-Württemberg, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen.

Gleichzeitig zum Verbot erfolgten strafprozessuale Maßnahmen des Generalbundesanwalts (GBA) gegen führende Mitglieder.

Vier Männer wurden laut einer Mitteilung des GBA festgenommen. Unter ihnen ist Peter Fitzek, der die Vereinigung nach Erkenntnissen der Sicherheitsbehörden 2012 in Wittenberg gegründet hatte. Das KRD hält sich laut dem GBA für einen souveränen Staat im Sinne des Völkerrechts und strebe an, sein behauptetes "Staatsgebiet" auf die Grenzen des Deutschen Reiches von 1871 zu erstrecken. Ziel der Gruppierung sei es, das System der Bundesrepublik Deutschland durch ein eigenes zu ersetzen.

Zwei der Festnahmen erfolgten laut einer GBA-Sprecherin im Landkreis Mittelsachsen, je eine weitere in den Landkreisen Oder-Spree in Brandenburg und Bad Dürkheim in Rheinland-Pfalz. Zudem habe es bei einem Verdächtigen im Kanton Solothurn in der Schweiz Durchsuchungen gegeben, auch er soll deutscher Staatsbürger sein. Die vier festgenommenen Deutschen seien 37, 38, 46 und 59 Jahre alt, teilte die Sprecherin der Bundesanwaltschaft mit. Sie sollen heute und morgen einem Ermittlungsrichter am Bundesgerichtshof in Karlsruhe vorgeführt werden. Dieser muß dann entscheiden, ob die Verdächtigen in Untersuchungshaft kommen.

Die Ermittlungen laufen den Angaben zufolge wegen einer kriminellen Vereinigung gemäß § 129 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 5 Strafgesetzbuch (StGB). Die Bundesanwaltschaft ist in solchen Fällen nicht automatisch zuständig. Mit Blick auf die mutmaßlichen Rädelsführer habe die oberste Anklagebehörde in Deutschland die Ermittlungen aber wegen der besonderen Bedeutung gemäß § 120 Abs. 2, § 74a Abs. 2 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) an sich gezogen, erklärte die Sprecherin.

Fitzek werden demzufolge auch unerlaubte Einlagen- und Versicherungsgeschäfte vorgeworfen (§ 54 Abs. 1 Nr. 2, § 32 Abs. 1 Kreditwesengesetz (KWG); § 331 Abs. 1 Nr. 1, § 8 Abs. 1 Gesetz über die Beaufsichtigung der Versicherungsunternehmen (VAG)). Ein anderer der Beschuldigten soll ihm bei den Einlagengeschäften geholfen haben (§ 27 Abs. 1 StGB).

"Die Mitglieder dieser Vereinigung haben einen "Gegenstaat" in unserem Land geschaffen und wirtschaftskriminelle Strukturen aufgebaut", sagte Dobrindt laut einer Mitteilung seines Ministeriums. Ihren vermeintlichen Herrschaftsanspruch untermauerten die Mitglieder der Vereinigung durch antisemitische Verschwörungserzählungen. Dieses Verhalten könne ein Rechtsstaat nicht dulden.

"Reichsbürger" erkennen die Bundesrepublik Deutschland nicht als Staat an. Viele von ihnen behaupten, das historische Deutsche Reich bestehe bis heute fort. Sogenannte Reichsbürger erkennen demokratische und rechtsstaatliche Strukturen wie Parlament, Gesetze oder Gerichte nicht an. Steuern, Sozialabgaben oder Bußgelder wollen sie nicht zahlen. Die Szene besteht aus vielen, meist kleineren Gruppierungen. Manche "Reichsbürger" sehen sich als Staatsoberhäupter ihres eigenen kleinen Reiches.

Das "Königreich Deutschland" gilt derzeit als mitgliederstärkste Vereinigung aus dem Spektrum der sogenannten Reichsbürger und Selbstverwalter. Der Verfassungsschutz rechnete der Szene insgesamt im Jahr 2023 rund 25000 Anhänger zu. Für Schlagzeilen sorgte in den vergangenen Jahren vor allem die "Reichsbürger"-Vereinigung um Heinrich XIII. Prinz Reuß, die einen gewaltsamen Umsturz der Bundesregierung geplant und dabei bewußt Tote in Kauf genommen haben soll. An drei Oberlandesgerichten wird gegen die Gruppe verhandelt.

"Wesensprägend für das "Königreich Deutschland" ist eine dezidierte profitorientierte Ausrichtung", teilt das BMI mit. Über Teilorganisationen würden seit Jahren unerlaubte Bank- und Versicherungsgeschäfte betrieben. Peter Fitzek, gebürtig aus Halle in Sachsen-Anhalt, hatte sich selbst zum Staatsoberhaupt erklärt. Er stand bereits mehrfach vor Gericht und wurde verurteilt. Vorgeworfen wurde ihm unter anderem, ohne Führerschein gefahren zu sein oder illegale Bankgeschäfte getätigt zu haben. Im März wurde ein Urteil des Amtsgerichts Wittenberg rechtskräftig, das Fitzek wegen vorsätzlicher Körperverletzung und Beleidigung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Monaten verurteilt hatte.

Laut dem GBA bestimmte Fitzek als "Oberster Souverän" die ideologische Ausrichtung der Gruppierung und erließ eigene "Gesetze". Zwei weitere Festgenommene bildeten demnach als seine Stellvertreter die oberste Leitungsebene. Der vierte Mann sei für die Finanzen zuständig gewesen.

Mit dem Verbot geht laut BMI die Beschlagnahmung des Vermögens sowie die Sperrung der Online-Plattformen des Vereins einher.

Das nun ausgesprochene Vereinsverbot sei das Ergebnis einer engen Kooperation mit dem Bundesamt für Verfassungsschutz, weiteren Bundesbehörden und den Ländern, teilte das BMI mit.

Auch die neue Bundesministerin für Justiz und Verbraucherschutz, Stefanie Hubig, begrüßte die Maßnahmen. Reichsbürger seien "keine harmlosen Sonderlinge", sondern "Feinde unserer Demokratie". Die Sicherheitsbehörden hätten sie daher "schon lange im Visier", so Hubig. "Heute ist ihnen ein wichtiger Schlag gegen die Reichsbürger-Szene gelungen". Dieser "anspruchsvolle Einsatz" zeigt laut Hubig: "Unsere Demokratie ist wehrhaft gegenüber ihren Gegnern".