Fax-Verbot beschert Österreichs Gesundheitssystem Chaos

Die Abschaffung der Faxgeräte sorgt für Chaos in der Gesundheitsversorgung in Österreich. Seit Jahresbeginn gilt ein Fax-Verbot, aus Datenschutzgründen. Ausnahmen für verschlüsselte Faxübertragungen gibt es offenbar nicht, solche Geräte sind sowieso rar. Warnung des Gesundheitspersonals vor Schwierigkeiten ohne Fax wurden in den Wind geschlagen. Jetzt ist die Aufregung groß.

Denn es hapert bei der Kommunikation zwischen SpitÄlern, niedergelassenen Ärzten und Versicherungen. In manchen Fällen müssen Befunde und ähnliche Unterlagen auf Datenträgern wie USB-Sticks oder CD-ROMs mit Botendiensten, Taxis oder sogar Rettungsautos transportiert werden. Das verursacht Wartezeit für Patienten wie Behandler und zwingt zur Verschiebung von Operationen. Der Standard berichtet, daß bisweilen doch noch gefaxt wird, als Notlösung, weil das neue Kommunikationssystem ausgefallen sei.

Fax "war die präferierte Kommunikationsform aller großen Teile des Gesundheitswesens, also der Krankenanstalten, der niedergelassenen Ärzteschaft und der Sozialversicherungen", bestätigt Andreas Krauter von der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK), dem Träger der österreichischen Pflichtversicherung, gegenüber dem ORF (Österreichischer Rundfunk). Zwar stellt die ÖGK seit 15. Dezember ein Webbrowser-basiertes System als Faxersatz bereit. Es läuft auf Cloudservern der Firma FTAPI (File Transfer Application Platform for Integration). Die Server stehen in Deutschland.

Doch sei dieses System mit den in Österreich üblicherweise genutzten IT-Systemen meist inkompatibel, ärgert sich die österreichische Ärzteschaft. Zudem mangle es an Usability: "Das ist extrem kompliziert zu bedienen, für Spitäler und Spitalsärzte zum Beispiel unmöglich", kritisiert Psychiater Dietmar Bayer, Vizepräsident der steirischen Ärztekammer im ORF-Interview.

Freilich steht FTAPI damit nicht alleine dar. Eine Studie der Umstellung von Papier auf ein SAP-System an einer chirurgischen Abteilung eines Grazer Krankenhauses fällt ein vernichtendes Urteil: während Ärzte mehr Zeit in Krankenzimmern verbringen konnten, waren Pflegepersonal mehr mit elektronischer Dokumentation befasst und konnten sich weniger um die Patienten kümmern. Hinsichtlich Bedienbarkeit ist das SAP-System demnach bei allen Nutzergruppen durchgefallen. Die Empfehlung der Studienautoren: Gesundheitspersonal sollte schon in der Entwicklungsphase eingebunden, Arbeitsabläufe dabei berücksichtigt werden.

FTAPI-Eingaben laufen über das Internet: der Nutzer muß auf einer Webseite ein Ticket ziehen, woraufhin ihm per E-Mail ein Hyperlink übermittelt wird. Dieser Link, wieder im Webbrowser geöffnet, erlaubt dann den Upload von Dokumenten. Nach 90 Tagen sollen hochgeladene Daten automatisch gelöscht werden.

Vergangene Woche hat die Ärztekammer bei einem Krisengipfel einen neuen Vorschlag gemacht: die sogenannte "gerichtete Befundübermittlung". Sie soll wie E-Mail funktionieren, aber mit Datenschutz, und nur zwischen E-Mail-Adressen, die in einem gesonderten Verzeichnis medizinischer Dienstleister registriert sind.

Die ÖGK steht dem Vorschlag vorsichtig offen gegenüber: "Für eine noch bessere Lösung für Österreich, da sind wir alle dafür zu haben", sagt Krauter, "Aber das muß zunächst einmal auch nachgewiesen und besprochen sein."

Überraschend kommt das Verbot der Fernkopien nicht, es sollte eigentlich schon früher kommen. Doch während der Coronavirus-Pandemie wurde das Verbot hinausgeschoben, bis Ende 2024. Genauso wenig überraschend kommen allerdings die Probleme, doch der von Ärzten geschlagene Alarm ist offenbar ungehört verhallt.

Apropos ELGA: Der österreichische Rechnungshof hat im Herbst 2024 herbe Kritik an der Umsetzung der elektronischen Gesundheitsakten geübt: für "sinnvolle Nutzung der ELGA-Kernanwendung 'eBefund' braucht es eine vollständige Erfassung der Befunde durch die Gesundheitsdiensteanbieter. Ende 2023, acht Jahre nach der ELGA-Ausrollung, schrieben jedoch im Wesentlichen nur die (…) Krankenanstalten eBefunde."

Eine zentrale Datenspeicherung gibt es demnach nicht, mithin auch keine zentrale Suche. Die Daten sind laut Bericht auf 13 Speicherbereiche verteilt, wovon keiner für niedergelassene Ordinationen vorgesehen ist. Auch fehlten strukturierte Dateiformate für fachärztliche Befunde. Radiologische Bilddaten oder Labordaten aus dem niedergelassenen Bereich wurden sowieso nicht gespeichert. Das soll im Juli 2025 kommen. Die Empfehlung des Rechnungshofes: "Aufbereitung der Daten in strukturierter und gut durchsuchbarer Form". Zahnärzte bleiben auf absehbare Zeit überhaupt von ELGA ausgeschlossen.