Polen schießt russische Drohnen ab – "Akt der Aggression" gegen NATO-Land

Polen hat nach eigenen Angaben russische Drohnen über seinem Staatsgebiet abgeschossen. Zuvor sei der polnische Luftraum während eines Angriffs auf die Ukraine mehrfach verletzt worden, teilte das Einsatzkommando der polnischen Streitkräfte in der Nacht auf Mittwoch mit. Ministerpräsident Donald Tusk berief für 8.00 Uhr eine Sondersitzung der Regierung ein. Das polnische Militär verurteilte die "beispiellose" Verletzung des polnischen Luftraums als "Akt der Aggression".

"Nach dem heutigen Angriff der Russischen Föderation auf ukrainisches Territorium kam es zu einer beispiellosen Verletzung des polnischen Luftraums durch drohnenartige Objekte", erklärte das Einsatzkommando der polnischen Streitkräfte am Mittwoch in Onlinenetzwerken. "Das ist ein Akt der Aggression, der eine echte Bedrohung für die Sicherheit unserer Bürger darstellt."

Insgesamt seien ein Dutzend drohnenartige Objekte registriert worden. Einige von ihnen seien abgeschossen worden. Verteidigungsminister Wladyslaw Kosiniak-Kamysz erklärte, Flugzeuge hätten nach "Verletzungen" des polnischen Luftraums während eines russischen Angriffs auf die Ukraine auf "feindliche Objekte" geschossen. "Wir stehen in ständigem Kontakt mit dem NATO-Kommando", schrieb er im Onlinedienst X.

"Polnische und verbündete Flugzeuge operieren in unserem Luftraum, während die bodengestützten Luftabwehr- und Radaraufklärungssysteme in höchste Alarmbereitschaft versetzt wurden", teilte das Einsatzkommando der polnischen Streitkräfte auf der Plattform X mit.

"Es läuft eine Operation im Zusammenhang mit der wiederholten Verletzung des polnischen Luftraums", schrieb Ministerpräsident Tusk in der Früh auf X. "Das Militär hat Waffen gegen die Objekte eingesetzt." Er stehe in ständigem Kontakt mit dem Präsidenten und dem Verteidigungsminister, so Tusk.

Die Bevölkerung in den Woiwodschaften Podlachien, Masowien und Lublin wurde aufgerufen, zu Hause zu bleiben. Es ist das erste Mal seit Beginn des russischen Angriffskrieges, daß Warschau im eigenen Luftraum gegen russische Flugkörper einschreitet.

Der US-Luftfahrtbehörde FAA zufolge wurden vier Flughäfen vorübergehend geschlossen, darunter der Chopin-Flughafen in Warschau und der Flughafen Rzeszów-Jasionka. Letzterer gilt als wichtiges Drehkreuz für Waffenlieferungen an die Ukraine. Eine offizielle Bestätigung der Schließungen durch die polnischen Behörden lag zunächst nicht vor. US-Außenminister Marco Rubio sei über die Berichte informiert worden, meldete der Sender CNN.

Das russische Militär startete in der Nacht neue Angriffe mit Kampfdrohnen auf Ziele in der Ukraine. Die ukrainische Luftwaffe warnte vor einer großen Anzahl Drohnen im Zentrum und dem Nordostteil des Landes.

Die ukrainische Luftwaffe hatte zuvor gewarnt, russische Drohnen seien in den Luftraum des NATO-Mitglieds eingedrungen. Den ukrainischen Angaben zufolge waren die Drohnen in Richtung Westen unterwegs und bedrohten die polnische Stadt Zamość. Ukrainische Medien berichteten zudem, mindestens eine Drohne fliege in Richtung der westpolnischen Stadt Rzeszów.

Polen ist in erhöhter Alarmbereitschaft, seit im Jahr 2022 eine verirrte ukrainische Rakete in einem Dorf im Süden des Landes einschlug und zwei Menschen tötete. Dem Eindringen der Drohnen in den polnischen Luftraum gingen stundenlange russische Luftangriffe auf den Westen der Ukraine voraus. Die ukrainische Luftwaffe hatte zunächst ebenfalls über den Einflug russischer Drohnen nach Polen berichtet, diese Meldung jedoch später wieder zurückgezogen. In der ukrainischen Hauptstadt Kiew war Abwehrfeuer der Flugabwehr zu hören. Einzelne Drohnen waren den Angaben nach in die Westukraine mit Kurs auf die Stadt Luzk geflogen. In einem Großteil der Ukraine wurde Luftalarm ausgelöst. Ukrainische Militärbeobachter erwarteten zudem den Einsatz von luft- und seegestützten Marschflugkörpern. Unbestätigten Informationen zufolge waren Bomber der strategischen Luftwaffe und mit Raketen ausgestattete Schiffe der Schwarzmeerflotte für den Einsatz vorbereitet worden.

Die Ukraine wehrt sich seit mehr als dreieinhalb Jahren gegen eine russische Invasion und drängt verbündete westliche Staaten immer wieder zu einer Stärkung ihrer Flugabwehr. Bei einem russischen Angriff am Dienstag starben nach Behördenangaben aus Kiew mehr als 20 Zivilisten im Osten der Ukraine. Die Menschen hätten gerade auf die Auszahlung ihrer Pension gewartet, als die gelenkte Fliegerbombe eingeschlagen sei, schrieb der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj auf Telegram.