Allianz-Beteiligung: öGIG in Finanznöten?
Baustopp, offene Rechnungen, personelle Abgänge – was wurde aus der Milliarde für den Glasfaserausbau?
Die Österreichische Glasfaser-Infrastrukturgesellschaft (öGIG), eine 100-prozentige Tochter der Allianz Gruppe, steht offenbar vor massiven Herausforderungen. Noch im November 2021 wurde das Unternehmen mit großem medialem Applaus präsentiert – samt einer Kapitalzusage von einer Milliarde Euro seitens der Allianz SE, einem der weltweit größten Versicherungskonzerne. Ziel war es, bis 2030 rund eine Million Haushalte in ländlichen Regionen Österreichs mit zukunftssicherer Glasfaserinfrastruktur zu versorgen.
Doch knapp drei Jahre später werfen Baustopps, offene Forderungen in Millionenhöhe und zahlreiche personelle Abgänge ein anderes Bild auf das ambitionierte Vorhaben. Laut Informationen aus unternehmensnahen Kreisen belaufen sich die offenen Zahlungen der öGIG mittlerweile auf 18 Millionen Euro, betroffen sind sowohl Bauunternehmen als auch Gemeinden, Lieferanten und Organisationen.
Unter anderem haben laut Informationen des Nachrichtenportals exxtra24.at die Baufirmen Reela, Anka, GM Projektbau, MZK, Swietelsky, MSM, Hitthaler sowie Gebrüder Haider ihre Arbeiten vorübergehend eingestellt. Auch die Lieferanten AVDM und Hexatronic haben die Auslieferung von Materialien gestoppt – ausstehende Zahlungen der öGIG seien der Grund.
Der Schuldenstand sei seit dem Jahreswechsel von rund 15 Millionen auf nunmehr 18 Millionen Euro angestiegen. Besonders betroffen: Projekte in der Thermenregion, Wechselgebiet, darunter Friedberg, Pinggau, Markt Allhau, Rohr bei Hartberg, Rohrbach an der Lafnitz und Dechantskirchen. Wird der Ausbau dort nicht wie beantragt umgesetzt, könnten laut Breitbandatlas Fördermittel in unbekannter Millionenhöhe an die FFG (Österreichische Forschungsförderungsgesellschaft) zurückfließen.
Besonders brisant: in Kärnten droht ein Vertragsstreit mit dem Baukonzern Swietelsky, der wegen angeblichen Vertragsbruchs gegen die öGIG vorgehen könnte. Auch mehrere Gemeinden – darunter Lannach, Gleinstätten, Arnfels, St. Veit in der Südsteiermark, Villach, Grafenstein – prüfen juristische Schritte. Hintergrund sind laut Gemeindeverantwortlichen nicht eingehaltene Zusagen, sowohl mündlich als auch schriftlich, was die Umsetzung von Ausbauprojekten betrifft.
Zudem scheint das Unternehmen auch intern zu erodieren. Laut Recherchen des Nachrichtenportals exxtra24.at haben in den vergangenen Wochen über 21 Mitarbeiter, darunter fast sämtliche Teamleiter, das Unternehmen freiwillig verlassen. Ein Grund für diese auffällige Fluktuation könnte laut ehemaligen Führungskräften (deren Namen dem Nachrichtenportal extra24.at bekannt sind) ein völliges Fehlen professioneller interner Strukturen sein.
So soll die öGIG – trotz des Milliardeninvestments – bis heute kein ERP-System (Enterprise Resource Planning) im Einsatz haben. Stattdessen würden einzelne Abteilungen mit Excel-Tabellen arbeiten, deren Inhalte am Monatsende mühsam und fehleranfällig zusammengeführt werden. Die Geschäftsführung habe dadurch kaum Überblick über aktuelle Geschäftszahlen, heißt es aus internen Kreisen.
Aus informierten Unternehmensumfeldern wird berichtet, daß die Allianz Gruppe mittlerweile einen externen Aufseher zur Kontrolle der Vorgänge vor Ort entsandt habe. Von offizieller Seite gab es dazu bislang keine Stellungnahme.
Auch eine Anfrage des Nachrichtenportals exxtra24.at an Geschäftsführer Alfred Pufitsch blieb unbeantwortet. Auffällig ist: seit Gründung der öGIG im Jahr 2020 hat das Unternehmen mehrere Geschäftsführerwechsel erlebt – öffentlich kommentiert wurde keiner davon.
In der ursprünglichen Presseaussendung der Allianz vom 26. November 2021 hieß es noch optimistisch:
(Quelle: Allianz Group Press Release, 2021)
Fakt bleibt: die digitale Kluft zwischen Stadt und Land besteht weiter. Für zahlreiche Gemeinden, die auf die zugesagten Anschlüsse warten, rückt die Vision vom flächendeckenden Glasfasernetz in weite Ferne. Ob und wie die Allianz-Gruppe das Projekt retten kann, ist derzeit ungewiß. Klar ist nur: der einstige Hoffnungsträger öGIG steht an einem Wendepunkt.